7 Fragen an Rice & Carry

7 Fragen an Rice & Carry

Unser Fairtrade Hundezubehör aus ausrangierten Reissäcken würde es ohne das Team von Rice & Carry nicht geben. Was als kleines ambitioniertes Vorhaben begann, hat sich zu einem erfolgreichen Unternehmen entwickelt, das nicht nur den wachsenden Massen von Plastikmüll, sondern auch dem Mangel an Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen in Sri Lanka etwas entgegensetzt. Wir haben uns mit den beiden Gründern Susanne und Hendrick über ihre Zeit in Sri Lanka, den Impact von Rice & Carry und die Zukunft ihrer Arbeit vor Ort ausgetauscht.

 

Hallo ihr beiden, stellt euch doch mal kurz vor!

Hi! Wir sind Susanne und Hendrik. Eine Hälfte aus Österreich, die andere aus Deutschland und seit 10 Jahren in Sri Lanka.

 

Was hat euch ursprünglich nach Sri Lanka verschlagen und warum seid ihr geblieben?

Wir haben in einem Hotel gearbeitet. Als Nebensaison Projekt hat Susanne dann die erste Rice & Carry Bag gemacht. Kurze Zeit später hatten wir die erste Bestellung von einem Hotelgast. Susanne hatte keine Zeit und somit haben wir die Tochter unseres Tuk Tuk Fahrers gebeten die Bestellung zu machen. Schwupps hatten wir unsere erste Angestellte, Samsath, die 10 Jahre später immer noch für uns arbeitet. Geblieben sind wir trotz aller Schwierigkeiten, weil wir hier einen Unterschied machen können. Das klingt zwar banal, ist aber genauso simpel.

 

Erzählt doch kurz die Gründungsgeschichte von Rice & Carry. Wie seid ihr darauf gekommen, Upcycling-Produkte aus Reissäcken herzustellen?

Zuerst wollten wir die unsäglichen Plastiktüten oder auch -sackerl, die hier zu jedem Einkauf gegeben werden, ersetzen. Wir haben daher Tüten aus Zeitungen kleben lassen und wollten diese dann als Alternative von den kleinen Läden hier anbieten lassen. Unsere Hoffnung war, dass viele TouristInnen eher für eine charmante Tasche mit lokaler Schrift darauf zahlen würden, als dass sie Plastik benutzen würden. Die Ladenbesitzer haben uns darauf hingewiesen, dass oft gekühlte Wasserflaschen verkauft werden, diese dann in der Hitze sofort schwitzen und dann die Zeitung zersetzen. Fair enough, dachten wir, halt keine gute Idee. Dann haben wir überlegt, welches Material man noch für Taschen wiederverwerten kann. Einige Tage später lag dann ein leerer Reissack im Lager des Hotels. Gemacht für die Ewigkeit und perfekt um wiederverwertet zu werden.

 

Recycling und Upcycling, die Schaffung von Arbeitsplätzen für Frauen…ihr habt mit eurem Projekt schon einiges erreicht. Wo seht ihr euren größten Einfluss?

Das kann man vielleicht ganz klein herunterbrechen. Es passiert hier nicht selten, dass das Heiraten aus finanzieller Notlage auf Druck der Familie passiert. Wenn unsere Angestellten nach Hause gehen, ernähren sie ihre Familien und dadurch verändert sich etwas. Wenn man finanziell unabhängig ist, ändern sich halt die Strukturen. Auf Englisch heißt das dann oft Empowerment, Ermächtigung auf Deutsch. Klingt wuchtig, ist es auch. Ein ‘Nein’ zu was auch immer muss man sich ja auch leisten können. Das ist wohl unser größter Einfluss - Menschen, insbesondere Frauen, mehr Macht über ihr Leben zu ermöglichen.

 

Wenn ihr auf die letzten Jahre zurückschaut, was sind die drei größten Meilensteine, die ihr mit Rice & Carry erreicht habt?

Gute Frage. Die letzten Jahre waren extrem anstrengend  - erst die Attentate an Ostern 2019, dann zwei Jahre Pandemie und die extreme Wirtschaftskrise in 2022. Wir sind einfach froh, dass es uns noch gibt und das haben wir auch unserem Partner Fair Squared in Deutschland und Marken wie GOOPSI zu verdanken. Die Tatsache, dass Produkte, die wir hier fertigen, in Deutschland zu erwerben sind, ist schon ein tolles Gefühl.

 

Wo seht ihr dagegen noch echtes Verbesserungspotenzial? Gibt es etwas, das ihr zusätzlich angehen möchtet?

Wir müssen natürlich dringend unsere Löhne hier erhöhen. Die Lebenskosten in Sri Lanka sind extrem gestiegen und vieles kostet das doppelte oder dreifache. So schnell wie die Krise uns hier durchgeschüttelt hat, konnten wir natürlich nicht die Löhne anheben, das ist jetzt aber in 2023 fällig.

Ein längerfristiges Projekt ist es, eine Kinderbetreuung in unserer Firma anzubieten. Wir erhoffen uns dadurch, dass auch Frauen mit kleineren Kindern ganztags arbeiten können und so das Empowerment auch nach Heirat und Familiengründung bestehen bleibt!

In unserer täglichen Arbeit wird man immer wieder auch mit Fällen von häuslicher Gewalt gegen Frauen und Kinder konfrontiert. Es gibt wenig bis gar keine Unterstützungsangebote, das Vertrauen in Polizei und Behörden ist eher gering. Ein Schutzhaus für Frauen, das wäre eine irrsinnig tolle und wichtige Institution in unserer Gegend.

Und last, but not least: Nachdem wir selbst insgesamt 4 Hunde und 4 Katzen haben, liegen uns die Vierbeiner von Sri Lanka auch sehr am Herzen. Es vergeht eigentlich kein Tag, an dem man nicht einem Hund begegnet, der medizinische Versorgung benötigen würde. Natürlich gibt es auch nur sehr wenige Sterilisationsprogramme und Impfkampagnen.

 

Zum Schluss: Welche Tipps habt für Menschen, die bewusster einkaufen möchten?

Das ist natürlich gar nicht so einfach. Im besten Fall sollten Produkte ja einen vertretbaren ökologischen, aber eben auch einen sozialen Fußabdruck haben. Große Konzerne sind da natürlich schon drauf aufmerksam geworden und betreiben extrem gutes Marketing, um sich ‘grüner’ darzustellen. Den größten Unterschied macht man wahrscheinlich damit, kleine Marken zu unterstützen - wie Rice & Carry, wie GOOPSI.

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